Es heißt, alles Gute kommt von oben, und genau das ist kürzlich im Westen Kenias passiert: Zweitausend Dosen Impfstoff wurden per Drohne geliefert, um einen Ausbruch von Tollwut in dieser ländlichen Region zu bekämpfen. Um sicherzustellen, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird, war eine umfangreiche Unterstützung von Pionieren am Boden notwendig, unter anderem von Nichtregierungsorganisationen, Privatunternehmen und Behörden. Der Einsatz von Drohnen eröffnet neue, langersehnte Möglichkeiten, um lebensrettende Produkte sicher und bedarfsgerecht zu Menschen, Tieren und Gemeinden zu bringen, die sie am dringendsten benötigen.
Am Horizont taucht ein schwarzer Punkt auf, der mit einem sirrenden Geräusch schnell näherkommt. Aufgeregte Kinder jagen dem Flugobjekt durch die Straßen hinterher, im Hintergrund bellen Hunde. So erreicht eine heiß ersehnten Lieferung ihren Bestimmungsort in Bungoma County in Kenia, wo der Einsatz von Drohnen neue Möglichkeiten eröffnet. In diesem Fall hat die Drohne 2.000 Dosen Tollwutimpfstoff für die Hunde der örtlichen Gemeinden an Bord. Tollwut ist eine tödlich verlaufende Erkrankung, die hauptsächlich von Hunden übertragen wird. Solche Todesfälle könnten verhindert werden, wenn verfügbare Impfstoffe bei Bedarf sicher und gekühlt auch in abgelegene Regionen transportiert werden könnten.
Joyce Wamalwa arbeitet in der Gesundheitsversorgung am Kibisi Dispensary Hospital in Kenia und ist immer wieder mit dem großen Leid konfrontiert, das Tollwut für die Betroffenen bedeutet: „Wir tun unser Möglichstes, um Tollwut zu bekämpfen, aber es ist schwer. Wir haben keinen Impfstoff und müssen die Patienten für die lebensrettende Behandlung in andere Krankenhäuser schicken. Das bedeutet, dass sie stundenlang auf unbefestigten Straßen unterwegs sind.“ Wamalwa steht in regelmäßigem Kontakt mit der lokalen Organisation Core Health and Wealth International (CHW), die sie Anfang dieses Jahres darum bat, von ihren Erfahrungen zu berichten. Dies war der Startschuss für ein erfolgreiches Pilotprojekt im Kampf gegen die Tollwut in Kenia, das in einer bemerkenswerten Zusammenarbeit zwischen Boehringer Ingelheim als multinationalem Unternehmen, Start-ups und lokalen Organisationen der Initiative Making More Health (MMH) von Boehringer Ingelheim, Behörden und den Menschen vor Ort realisiert wurde.
In vielen Ländern südlich der Sahara werden Impfstoffe und temperaturempfindliche Medikamente hauptsächlich per Motorrad transportiert, was mit Einschränkungen hinsichtlich Kapazität, Kühlmöglichkeiten und Sicherheit verbunden ist. Instabile Kühlketten erschweren die Verifizierung von Impfungen und verhindern die rechtzeitige Gabe von Tollwutimpfungen. Zur Umsetzung eines effektiven Impfprogramms war das Know-how zahlreicher Partner aus dem Netzwerk von Boehringer „Sustainable Development – For Generations“ nötig. „Wir haben hart gearbeitet, um vor Ort Vertrauen zu schaffen und wirkungsvolle Partnerschaften aufzubauen, mit dem gemeinsamen Ziel, den Zugang zu essenziellen gesundheitlichen Versorgungsleistungen zu verbessern“, erklärt Ayman Eissa, Lead Sustainable Development bei Boehringer Ingelheim IMETA . Aufgrund der Zusammenarbeit mit lokalen Nichtregierungsorganisationen aus dem MMH-Netzwerk wie CHW und GAASPP (Golden Age and Albinism Support and Protection Program), einer lokalen Organisation in Westkenia, gab es eine solide Vertrauensbasis, dank der das Team die Menschen vor Ort einbinden konnte. Als nächstes ging es darum, einen Partner für den Lufttransport zu finden, um Möglichkeiten auszuloten, die einen nachhaltigen Nutzen für die Gesundheitsversorgung haben.
“Wir haben hart gearbeitet, um vor Ort Vertrauen zu schaffen und wirkungsvolle Partnerschaften aufzubauen, mit dem gemeinsamen Ziel, den Zugang zu essenziellen gesundheitlichen Versorgungsleistungen zu verbessern”
Ayman Eissa,
Lead Sustainable Development bei Boehringer Ingelheim IMETA
Nach gemeinsamen Beratungen stießen Daniel Blay und sein Team von Zipline, einem Anbieter von On-Demand-Drohnenlieferdiensten, zum kenianischen Pilotprojekt zur Verteilung von Impfstoffen. Ihre Hochgeschwindigkeitsdrohnen mit großer Reichweite wiegen unter 25 Kilogramm und können Lasten von bis zu 3 Kilogramm tragen. Sie fliegen in 100 bis 200 Metern Höhe und und werfen Pakete aus einer Höhe von 30 Metern ab. Bis zwei Minuten vor dem Ziel bleiben sie nahezu unbemerkt. „Zipline steuert die Technik bei, doch unser Erfolg hängt von starken Partnern am Boden ab, die die Menschen vor Ort mobilisieren und hochwertige Produkte bereitstellen“, so Blay, Vice President von Zipline.
Für das letzte Stück Weg zu abgelegenen Impfstellen wurde während der Kampagne die VacciBox, eine tragbare, solarbetriebene Kühlbox, genutzt. „An dem Tag ist keine einzige Impfstoffdosis unbrauchbar geworden“, erinnert sich Norah Magero, die Gründerin von Drop Access, mit sichtlichem Stolz. Sie betont, dass das Hauptproblem nicht ein Mangel an Impfstoff sei, sondern das Verfallen von Impfdosen aufgrund von unsachgemäßer Lagerung. Das Start-up hat sich zu Beginn des Jahres dem MMH-Accelerator-Programm angeschlossen und wurde gebeten, das Tollwutprojekt zu unterstützen. Bei dem Einsatz hat die VacciBox ihr Potenzial unter Beweis gestellt: Sie kann bis zu 3.000 Impfdosen aufnehmen und 36 Stunden im Akkubetrieb laufen.
Entscheidend für den Erfolg des Projekts sind vor Ort gewonnene Erkenntnisse, Menschen, die den Nutzen des Programms sehen, und Profis, die Dispenser für die gelieferten Produkte konstruieren (wie CHW). An nur einem Tag konnten rund 2.000 Hunde an acht verschiedenen Orten in Bungoma und Kakamega County geimpft werden. Ziel des Programms ist es, bis zum Jahresende weitere 10.000 Dosen im kenianischen Lake Region Economic Bloc zu verteilen.
Das kenianische Pilotprojekt knüpft an ein erfolgreiches Proof-of-Concept-Projekt in Ghana an, in dem es darum ging, Gesundheitssysteme mithilfe von Drohnenlieferungen robuster aufzustellen. CowTribe gehört zu den Organisationen, die diese innovative Zusammenarbeit erst möglich gemacht haben. Das ghanaische Start-up, das seit 2019 dem MMH-Netzwerk angehört, bietet Viehhaltern Zugang zu Impfstoffen und tierärztlichen Leistungen, indem es den entsprechenden Bedarf bündelt. Gemeinsam mit Zipline und einem funktionsübergreifenden Team von Boehringer Ingelheim etablierten die Pioniere einen ganzheitlichen Ansatz, um infrastrukturbedingte Probleme von Landwirtinnen und -wirten sowie Tierärztinnen und -ärzten zu identifizieren und ein wegweisendes Distributionssystem aufzubauen: Im ersten Halbjahr 2023 wurden mithilfe von 292 Drohnenflügen 1,4 Millionen Dosen eines Geflügelimpfstoffs an fast 5.000 Kleinbbäuerinnen und -bauern verteilt. Die Impfstoffkosten konnten so erheblich gesenkt werden. „Mittlerweile sind fast alle unsere Lieferungen drohnengestützt, sodass die Kundinnen und Kunden nur noch höchstens acht Stunden statt mehrerer Tage warten müssen“, bestätigt der CEO von CowTribe Peter Adwin.
Der Effekt, den die Lieferungen per Drohne auf die gesundheitliche Versorgung haben – auch dank der zuverlässigen Zusammenarbeit am Boden – ist wirklich bemerkenswert: Der innovative Ansatz hat nicht nur das Potenzial, die Lieferung wichtiger medizinischer Produkte effizienter und wirtschaftlicher zu machen, er ermöglicht auch Lieferungen auf Abruf, ohne dass eine zusätzliche Lagereinrichtung benötigt wird. „Unsere kollektive Neugestaltung durch ein gemeinsam geschaffenes Ökosystem erfährt Anerkennung von Stakeholdern vor Ort und in der Regierung, das bestärkt uns in unseren Bemühungen“, betont Kiran Dsouza, Head of IT bei Boehringer Ingelheim IMETA.
Diese Anerkennung unterstreicht, wie wichtig Kooperationen sind. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine solche Zusammenarbeit die Menschen vor Ort in die Lage versetzen kann, ihre Lebensumstände selbst zu verbessern und so einen bedeutsamen Beitrag für einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung in entlegenen Gebieten dieser Welt leisten können.
“Mittlerweile sind fast alle unsere Lieferungen drohnengestützt, sodass die Kundinnen und Kunden nur noch höchstens acht Stunden statt mehrerer Tage warten müssen”
Peter Adwin, CEO von CowTribe